Zum Jubiläum 30 Jahre Deutschsprachige Evangelische Gemeinde Budapest
Am 1. Advent gedenkt unsere Gemeinde in der Budaer Burg ihres Gründungstages, der nunmehr 30 Jahre hinter uns liegt. Was sind schon dreißig Jahre? Und was ist Zeit überhaupt? Diese philosophische Frage hat schon Augustinus umgetrieben. Die Definition ist bis heute offen, sicher ist aber: Gottes und der Menschen Zeitbegriff sind, wie uns die Bibel lehrt, sehr verschieden. Wir schauen nun durch unser eigenes Zeitfenster auf das Gewesene zurück. Damals wurde ein Vertrag zwischen der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Ungarn geschlossen. Der bisherige deutschsprachige Arbeitszweig der ungarischen evangelischen Gemeinde in der Budaer Burg wurde dadurch offiziell zu einer deutschsprachigen evangelischen Auslandsgemeinde erklärt, eine von der EKD getragene Gemeinde innerhalb der ungarischen evangelischen Kirche (ELKU), die weiterhin als Gast der ungarischen evangelischen Burggemeinde tätig ist. Damit begann ein Weg, den wir unter Gottes Führung und Hilfe sicher und unbesorgt bis zum heutigen Tage gehen konnten.
Ich schreibe diesen Beitrag am Gedenktag Allerseelen in dankbarer Erinnerung an Herrn Dr. Alexander Arnot, von 1989 bis 1993 deutscher Botschafter in Ungarn, der am 15. August 2023 im Alter von 92 Jahren in Berlin verstarb. Wir sind Gott dankbar, dass er in diesen Jahren als aktives Mitglied unsere Gemeinde in vieler Hinsicht bereichert und gefördert hat. Aufgrund der Wende in Ungarn war er der Auffassung, Deutschland müsse eine offizielle Auslandsgemeinde in Budapest einrichten. Er hat mit seinem Gewicht als Botschafter in Hannover durchgesetzt, dass der Vertrag zwischen beiden Kirchen zustande kam und die EKD uns unter ihre Auslandsgemeinden aufnahm. Als er Botschafter in Kiew wurde (wo er den gleichen segensreichen Einsatz für die dort lebenden oder arbeitenden Deutschsprachigen fortsetzte), war sein Vertreter in Budapest und später ein deutscher Botschafter in Afrika, Herr Dr. Rolf-Rüdiger Zirpel, Mitglied unseres Kirchgemeinderates.
Nach diesem Aufbruch in die Selbstständigkeit waren die vielen aktiven oder in unser Gemeinde sehr aktiv werdenden ’Gastarbeiter’ nicht nur aus Deutschland, die in Budapest lebten, eine große Bereicherung in unserem Gemeindeleben – und sind es auch bis heute geblieben! – Auslandsgemeinden sind etwas Besonderes. Für alle, die vorübergehend, für begrenzte Zeit mit oder ohne Familie im Ausland leben müssen und sich anfangs noch fremd und sprachlich isoliert fühlen, sind sie die Verbindung zur Heimat, ja selbst ein Stück Heimat, von dem aus sie sich sprachlich, geistlich, kulturell und gesellschaftlich in die fremde Umwelt eingewöhnen können. Die Seelsorge hat hier auch eine andere Bedeutung. In dieser speziellen Lage haben wir uns von Anfang an als eine ökumenisch geprägte Weggemeinschaft Gleichgesinnter im Glauben empfunden, offen für alle Interessierten gleich welcher Nationalität, Muttersprache und Tradition. Die Zusammensetzung unserer Gemeinde ändert sich allgemein leider schneller, als uns lieb sein kann, immer wieder müssen wir uns liebgewonnene Menschen verabschieden. Aber dadurch haben wir auch eine bleibende ’Wolke’ von früheren Mitgliedern, die sich mit Liebe an die gemeinsamen Jahre mit uns erinnern, für uns beten und uns unterstützen.
Dankbar sind wir unseren PfarrerInnen, die in den 30 Jahren unser Gemeindeleben nicht nur organisierten, sondern auch die geistlichen Akzente setzten: Pál Gémes (1992−1994, Beate Brauckhoff (1994), Dietrich Tiggemann (1994−2000), Andreas Wellmer (2000−2009), Johannes Erlbruch (2009−2018) und seit 2018 Barbara Lötzsch.
Unsere Leitlinien entsprechen unserer Größe und Möglichkeiten. Das dort Festgeschriebene versuchen wir auf die würdigste Weise zu erfüllen. Im Zentrum steht immer noch wie in den langen ’Vorgründungszeiten’ das für uns Allerwichtigste, der Abendmahlsgottesdienst an allen Sonn- und Festtagen mit fallweisem Kindergottesdienst und einmal im Monat mit erweitertem Familiengottesdienst sowie jährlichen Schulanfangsgottesdiensten und die Begrüßung von Ankömmlingen und die traurige Verabschiedung der Fortziehenden. Im Kreis um ihn gibt es Konfirmationsvorbereitung, Frauen- und Männergesprächskreis, Bibelstunde, Chor- und Orchesterproben, wir beteiligen uns an von anderen Institutionen verantworteten Sozialprojekten für Obdachlose und ihre geistliche Betreuung wie auch an den heute so wichtigen Hilfen für Flüchtlinge, vor allem aus der Ukraine. In Zusammenarbeit mit der deutschen Botschaft in Budapest findet seit über 20 Jahren auch ein Besuchsdienst deutschsprachiger Häftlinge in ungarischen Haftanstalten statt. Gemeinsam mit der deutschsprachigen katholischen Elisabethgemeinde veranstalten wir seit eh und je ein Martinsspiel mit Laternenumzug, das Krippenspiel zur Weihnacht, und seit dem Kriegsbeginn beten wir regelmäßig zusammen für den Frieden.
Mit menschlichen Maßstäben befindet sich eine Dreißigjährige in der Vollkraft ihres Wirkens. Leider ist dies bei unserer Gemeinde – wie wir seit kurzem erfahren mussten – nicht der Fall. Zwar will uns keine Norne unseren Lebensfaden abschneiden, doch werden wir in naher Zukunft, das heißt, ab Ende Sommer 2024, nicht mehr eine von der EKD getragene Auslandsgemeinde sein können. Unsere Pfarrerin Barbara Lötzsch muss uns verlassen, und danach wird uns die Kirchenleitung in Hannover für ein dreiviertel Jahr einen Ruheständler senden. Die weitere Zukunft ist offen: Der Kirchgemeinderat ist mit der ganzen Gemeinde und vielen der seit langem mit uns Verbundenen guter Hoffnung, dass der Herr nach dieser Einschränkung unserer Gemeinde neue Ideen, neue Möglichkeiten schenkt und uns nach seinem Wohlgefallen leiten wird. Er kann auch auf krummen Linien gerade schreiben. Die Zukunft liegt auch weiter für die Einzelnen sowie für die Gemeinde wie bisher in seinen Händen, denn wir wissen: „Du bist der Gott, der mich/uns sieht”. In diesem Sinne begehen wir den dreißigsten Jahrestag unseres Gemeindebestehens.
Albrecht Friedrich, Gemeindeglied seit 1975
Zeit aufzubrechen – Pfarrerin Barbara Lötzsch
Im August 2024 endet nach sechs Jahren meine Dienstzeit in Budapest. Gern war ich hier und habe mit vielen Menschen Gemeinde gebaut in dieser schönen Stadt. Ich durfte Große und Kleine begleiten, viele in der herausfordernden Übergangssituation im Ausland. Ich habe den Geschichten derer zugehört, für die dieses Land lange schon eine Heimat ist, wir haben nach Glauben gesucht und Gott gefeiert. Das waren gesegnete Jahre, auch für mich persönlich und meine Familie. Für meinen Mann Frank ist die Gemeinde ein Zuhause geworden. Mit Energie und langem Atem hat er die Männerrunde geprägt und damit so manche Kontakte ermöglicht. Unsere jüngste Tochter Annegret hat hier die Schule abgeschlossen und ist zurück nach Deutschland gegangen. Die Wand im Gemeindesaal ist leuchtet bunt aus ihrer Zeit mit der malfreudigen Jugendgruppe.
Besonders fasziniert hat mich die Vielfältigkeit der Auslandsarbeit: Gottesdienste, Gemeindegruppen, Schularbeit und die vielen Kontakte im Netz der deutschsprachigen Community. Wir haben mit Sozialpartnern tiny houses gebaut, ökumenische Jugendfahrten unternommen, mehrsprachige Gottesdienste gefeiert, Studierendentreffs in der Andrássy organisiert, Ausflüge unternommen, ökumenische Friedensgebete etabliert, sind mit dem Martinspferd über die Burg gezogen und… - immer darin Gott, der uns trägt.
Ich danke allen, die mit ihrer Offenheit, Geduld und Neugier, mit Gesprächsbereitschaft und praktischer Unterstützung diesen Weg mitgegangen sind. Es hat mir nicht nur geholfen, für die Gemeinde zu sorgen, sondern auch diese wunderschöne Stadt zu erschließen, die Sprache zu lernen und genau hinzuhören, was Menschen hier brauchen.
Das letzte Jahr war dabei besonders herausfordernd: Unter den Bedingungen von Finanzkürzungen durch die EKD haben wir im Kirchgemeinderat und mit der ungarischen lutherischen Kirche gesucht und gerungen, wie die Gemeinde weiter ihre Aufgaben erfüllen kann. Wir haben gebetet und verhandelt, Unterstützung gesucht und manche Enttäuschung erlebt. Sehr dankbar bin ich für den guten Geist, in dem wir diesen schwierigen Weg mit dem Kirchgemeinderat und der Lutherischen Kirche Ungarns gehen konnten. Dennoch: Dieser Teil meines Dienstes fühlt sich unfertig an. Ich lege es den Geschwistern und Gott in die Hände.
Unser Weg wird uns nun nach Gera in Thüringen führen. Ich werde dort in der Gemeinde eine Pfarrstelle übernehmen. Für die Zeit in Budapest bin ich dankbar, sämtliche crémes Torten und das Licht auf der Donau werde ich vermissen und auf die Begegnungen, die vor mir liegen, bin ich sehr neugierig. Gott befohlen!
Ihre/Eure Barbara Lötzsch
Einige Worte zum Abschied und Dank nach neun Jahren Budapest
Als wir im Frühherbst 2008 auf die Stellenanzeige der Budapester Gemeinde aufmerksam wurden, stand an jenem Tag im Losungsbuch der Herrnhuter Brüdergemeine ein Wort aus Exodus 14,14: „Der Herr wird für euch streiten, und ihr werdet stille sein.“ Wir haben diesen Satz damals als ein persönliches Wort für unsere Situation verstanden. Es machte Mut, den Schritt in eine völlig unbekannte neue Welt zu wagen, so dass wir uns auf die Bewerbung und die Gemeinde in Budapest einlassen konnten. Mir war damals wichtig, die Gemeinde vorher kennenzulernen, und so flog ich an einem freien Sonntag inkognito nach Budapest; nur Wellmers wussten Bescheid. Die erweckliche Predigt und die Prägung der Gemeinde sagten mir zu, und so bewarb ich mich auf die Stelle. Das Auswahlverfahren in Hannover war etwas aufregend, da meine Frau kurz vor der Entbindung stand. Der Frauenarzt, der schon unsere ersten beiden Kinder zur Welt gebracht hatte, war 1989 aus der DDR über Ungarn und die grüne Grenze nach Österreich geflohen und hatte gute Erinnerungen an Ungarn: „Da müssen Sie hin!“ So tat er uns den Gefallen und untersuchte meine Frau noch am Tag des Auswahlgespräches und gab grünes Licht für die Fahrt nach Hannover. Jahre später erzählte mir Oberkirchenrat Michael Hübner, dass ich beim Bewerbungsgespräch den Pullover auf links getragen hätte; mir war das in der Aufregung überhaupt nicht aufgefallen, aber es hat offensichtlich nicht geschadet, denn: „Der Herr wird für euch streiten…“
Die Anfangszeit war spannend. Eine Gemeinde, die ständig im Wechsel lebt, neue Menschen einzubinden, andere zu verabschieden. Ganz neu war für mich die Erteilung des Religionsunterrichtes an der Deutschen Schule. Der Dienst wäre nicht möglich gewesen, wenn nicht ein kleiner Stamm beständiger Gemeindeglieder uns getragen hätte. Ich denke etwa an Familie Friedrich, die Damen der Bibelstunde wie Frau Szemes und Frau Hejja, die Ehepaare Sopp und Török und einige andere. Es gab noch Frauen, deren Lebensgeschichten in die Kriegszeit reichten: So gehörte Eva Stiasny, die einstige Mitarbeiterin von Pfarrer Gábor Sztehlo auch zu unserer Gemeinde. Durch Besuche lernte ich Frau Dagmar Wanke-Szendrey kennen. Sie war früher eine bekannte Opernsängerin und lebte jetzt zurückgezogen in ihrer Wohnung. Ich denke auch an Hanna Erney, die noch vor dem Krieg geheiratet hatte und über 90-jährig ihren hundertjährigen Ehemann betreute.
Im Kirchengemeinderat habe ich in den neun Jahren mit insgesamt sieben (!) Vorsitzenden vertrauensvoll zusammengearbeitet: Pfarrer Albrecht Friedrich, Holger Wendlandt, Marcel Barf, Michael Domrös, Matthias Langrock, Wilhelm Stettner und Alice Müller. Die Sitzungen waren harmonisch, und wir haben auch gerne ab und zu gelacht. Bereichert wurde das Gemeindeleben immer wieder durch Praktikantinnen - es waren zumeist junge Damen - die frische Ideen und ihre je eigenen Gaben in den Gemeindealltag einbrachten. Die erste war Franziska Kneissl, eine bayerische Theologin, die an der Lutherischen Universität in Budapest studierte. Danach folgten Katharina Scherf, Isabel Hanselmann und Carmen Eva Foos. Am weitesten weg von ihrer Heimat war Valirina Nomenjanahary, die wir einfach „Vali“ nannten, und die aus Madagaskar stammte. Die weiteren Praktikanten waren Rebekka Rüger, Nathalie Jordan, Harald Baude („Harry“), Pepe Milkau, Cordula Kien, Jakob Kerner und Emma Kenedi. Die letzte in der langen Reihe war dann Ines Allmann, die mit ihrem Freund Daniel Haardt ein Jahr lang treu in der Gemeinde mitwirkte.
Durch den Religionsunterricht konnten wir den Kontakt zur Schule pflegen; zeitweise waren fünf oder sechs Lehrerfamilien bei uns Mitglied! Die Schule wurde für unsere Kinder eine Heimat; anfangs war zumindest die Grundschule noch so überschaubar, dass wir praktisch alle Familien mit Namen kannten; das hat sich durch die Erweiterung im Laufe der Jahre natürlich verändert. Gelegentlich haben wir auch mit dem Chor am Adventsbasar oder zum Sommerfest gesungen. Über die Schule gewannen wir die meisten unserer Konfirmanden, so dass wir jedes Jahr eine Gruppe zustande bekamen. Als wir mit dem Dienst in Kecskemét begannen, war die Gruppe so groß, dass wir sogar auf die Kapelle ausweichen mussten. In jenem Jahr 2013 haben wir 11 Konfirmanden in Budapest und weitere 11 Jugendliche in Kecskemét eingesegnet. Unter den Kecskeméter Konfirmanden waren seinerzeit auch die Kinder der Familie Knop, die maßgeblich zum Aufbau der Kecskeméter Gemeindegruppe beigetragen hat. Damals gelang es Katrin Artes, die jetzt Vikarin in Augsburg ist, die jungen Leute nach der Konfirmation zu einer kleine Jugendgruppe zu sammeln. Katrins Initiative verdanken wir auch die Unterstützung des Waisenhauses in Miskolc, ein Dienst, der jetzt von Ulrike Schilling und Attila Dimák weitergeführt wird. In diesem Zusammenhang ist auch Rebekka Friedrich zu erwähnen, die viele Jahre treu die Päckchen für „ihre“ Behinderten in Sarepta im Namen der Gemeinde weitergegeben hat.
Viele Kinder sind durch die Gemeinde gegangen. Manche haben mit großer Hingabe die Kollekte gesammelt. Ich denke etwa an Lukas Wendlandt, Edgar Kenedi, oder Jurek Langrock. Jetzt kümmern sich darum die Stettner-Kinder und die Friedrich-Enkel.
Einige unserer Gemeindeglieder halten der Budapester Gemeinde auch aus dem Ausland die Treue und kehren gelegentlich zurück. Sehr dankbar bin ich für den treuen Dienst unserer Organisten Gábor und Hajni Kolba. Gerne erinnere ich mich an die ökumenische Zusammenarbeit mit der katholischen und der reformierten Gemeinde sowie an das geschwisterliche Miteinander mit der Burggemeinde und den Pfarrern in Kecskemét.
Manches ist unfertig geblieben; das ist in der Auslandssituation vielleicht noch stärker spürbar als in einer „normalen“ Gemeinde. Wo ich etwas schuldig geblieben bin oder Menschen verletzt habe, bitte ich herzlich um Verzeihung!
Unser Weg führt nun ab Sommer nach Österreich in die Kirchengemeinde Peggau bei Graz. Das Wort, das uns durchgetragen hat, geben wir nun an Euch in Budapest weiter: „Der Herr wird für euch streiten, und ihr werdet stille sein.“
Euer Johannes Erlbruch
Gemeindegesichter
Pfarrer Albrecht Friedrich – oder: vom „Kapitalistenkind“ zum „Urgestein“
Bereits seit mehreren Jahren können Sie hier die Rubrik „Gemeindegesichter“ finden. Nun wird es wirklich höchste Zeit, dass wir uns einmal mit Herrn Pfarrer Albrecht Friedrich beschäftigen, zweifellos einem der „Urgesteine“ unserer Gemeinde. Ein (virtuelles) Interview.
Herr Friedrich, haben Sie manchmal Heimweh?
Eigentlich nicht. Ich bin ja nicht geflohen wie so viele Menschen heute, sondern freiwillig nach Ungarn zu meiner Ehefrau übergesiedelt. Und wir sind jedes Jahr in meine alte Heimat gefahren, ins Saaletal um Naumburg, eine wunderschöne liebliche Gegend mit sanften Hügeln, berühmten Kunstdenkmälern − darunter der ehemaligen Fürstenschule Schulpforte (die ich und alle meine Geschwister und ein Jahr lang sogar mein Sohn besucht haben). Diese Gegend hat gute Weine, sie ist das nördlichste Weingebiet in Deutschland.
Könnten Sie sich vorstellen, in einer anderen Stadt als Budapest zu leben?
Selbstverständlich, zumal wir am Anfang unserer Ehe für ein paar Jahre in Székesfehérvár wohnten und uns in der ehemaligen ungarischen Krönungsstadt sehr wohl gefühlt haben. Genau genommen, leben wir seit fast sechs Jahren auch nicht mehr in Budapest, sondern im benachbarten Donauschwabendorf Solymár. Dieser Wohnortwechsel war wegen der Heirat unseres Sohnes fällig geworden, und wir leben als „Groß“familie in einem umgestalteten alten Schwabenhaus. Aber Budapest ist nahe, und ich genieße diese lebendige Stadt mit ihren vielen Gesichtern, die ich noch gar nicht alle kenne.
Bitte erzählen Sie uns etwas über ihr Leben in der DDR.
Meine Eltern sind 1943 mit ihren damals fünf (später dann sechs) Kindern wegen der Bombengefahr aus Berlin zum Großvater ins ruhige Saaletal gezogen. Dort verlebten wir – mit unseren vier Vettern, die aus dem gleichen Grunde zum Großvater zogen − eine ungetrübte Kindheit, wenn auch ohne die Väter, die in den Krieg mussten. Mein Vater, der in der letzten Kriegswoche gefallen ist, liegt auf dem Soldatenfriedhof Halbe bei Berlin. So blieb meine Mutter mit den sechs Kindern bei den Großeltern in Bad Kösen. Solange wir zu Hause lebten, waren wir auch im Fahrgast-Schiffsbetrieb des Großvaters beschäftigt, bis meine Mutter den Betrieb 1972 an die Stadt verkaufte, weil sie ihn unter DDR-Verhältnissen nicht mehr halten konnte. Wir „Kapitalistenkinder“ haben natürlich keinen Studienplatz bekommen (die drei älteren Geschwister waren vor dem Mauerbau deswegen bereits zum westlichen Onkel „übergesiedelt“). Ich lernte Schriftsetzer, musste dann zur Armee, wo mir klar wurde, dass der Sinn des Lebens weder im Buchstabensatz noch beim für mich idiotischen Militär lag. In dieser Zeit habe ich mich zum Theologiestudium entschlossen. Ich habe in Rostock und Berlin studiert, musste dann mein Studium für ein Jahr unterbrechen, um zu Hause meiner Mutter ein Motorboot reparieren zu helfen. Nach der Ordination arbeitete ich anderthalb Jahre im Kirchenkreis Haldensleben, ließ mich suspendieren und kam nach Ungarn, wo ich erstmals 1969 zu Besuch bei meiner späteren Frau gewesen war.
Mitte der 1970er Jahre siedelten Sie nach Ungarn über. Wie war das damals?
Die Jahre ab 1974 waren für einen DDR-Bürger weit weniger aufregend oder unerfreulich als vorher zu Hause. Man fühlte sich viel freier, weniger belästigt, die ganze Atmosphäre war freundlicher. Noch vor meiner Übersiedlung fragte ich beim damaligen Bischof an, ob ich in der Kirche tätig werden könne, aber es ging nicht. Als Ursache wurden genannt, ein ausländischer Staatsbürger könne nicht den Eid auf die ungarische Verfassung ablegen, den man jedoch zur Anstellung brauche – und meine nicht vorhandenen ungarischen Sprachkenntnisse. Durch Vermittlung freundlicher Menschen kam ich dann zum Akademie-Verlag, wo man meinte, man könne einen Theologen trotz fehlenden Germanistikstudiums recht gut brauchen. Dort beschäftigte ich mich 25 Jahre lang mit ins Deutsche übersetzten Büchern geisteswissenschaftlicher Fächer. Oft – wenn auch nicht immer − waren diese Übersetzungen eine Art staatlicher Würdigung oder Belohnung der Arbeit verdienstvoller Wissenschaftler, verdient oder nicht. Mit staatlichen Institutionen hatte ich kaum zu tun, nur bat mich die Ausländerbehörde bei meiner Anmeldung, mich auf keinen Fall scheiden zu lassen, das mache ihnen wieder (zu) viel Arbeit!
Und auch zur Burggemeinde kam ich durch die Hilfe eines katholischen Geistlichen. Einer von den vielen ökumenischen Momenten, die in unserer Familie eine bedeutende Rolle spielen, da meine Frau katholisch ist. Wir selbst und auch unsere Kinder wurden ökumenisch getraut (mit wechselnden Akzenten der einen oder anderen Konfession) und versuchen diesen sogenannten Glaubensunterschied wie zwei Dialekte einer Sprache zu betrachten.
Sie haben die Wende in ihrer alten Heimat von Budapest aus erlebt...
Richtig. Schon im Jahr 1988 munkelte man in der DDR, Ungarn „werde zugemacht“, man bekomme also künftig kein Visum mehr. Daraufhin nutzten alle Jugendlichen aus Familie und Bekanntschaft die „letzte Gelegenheit“, ins „freie“ Ungarn zu kommen. So quartierten sich im Juli/August in unserer 54 m2-Wohnung zehn Jugendliche ein, während wir in der DDR waren. In der Gemeinde gab es Gespräche mit DDR-Jugendlichen aus Sachsen, die wegen ihrer Umweltschutz-Aktivitäten (strahlender Uran-Abraum wurde fürs Unterbett beim Straßenbau verwendet) zu Hause verfolgt wurden und nach Österreich flüchten wollten. An den späteren Flüchtlingsgottesdiensten in der Zugligeter Kirche, die Pfarrer Zsigmondy hielt, war ich dann nicht beteiligt. Wir haben gebetet, dass die Wagemutigen auch heil über die Grenze kommen. Man hatte ja gehört, dass es Todesfälle von Kindern beim Durchschwimmen der Donau gegeben habe. Am Tage des Mauerfalles erfasste dann alle ungeheure Freude und Dankbarkeit, dass das Ende der DDR so friedlich „mit den Füßen“ erreicht worden war. Man konnte das Ganze noch gar nicht richtig fassen, aber war glücklich, dass die dunkle Wolke der Trennung nicht mehr über Deutschland hing. Im Jahr darauf waren wir wieder in Bad Kösen und sahen zu unserer Verblüffung, dass die Leute nicht mehr die preisgestützten Eier aus den Schrebergärten des Ortes im Konsum kauften, sondern die teurere Massenware aus Holland! Es war Währungswechsel, und von einem Tag zum anderen verschwanden sämtliche DDR-Waren aus den Läden und landeten auf Lastwagen in der Müllkippe. Unglaublich, aber wahr! – Und heute werden DDR-Erzeugnisse massenweise nachproduziert, um die Nostalgie zu befriedigen!
Sie sind noch immer beruflich tätig. Was machen Sie konkret?
Als nach der Wende der Akademie-Verlag verkauft und alle Lektoren entlassen wurden, habe ich mich als Übersetzer selbstständig gemacht und lebte davon, dass mehrere von meinen früheren Verlagsautoren ihre Bücher von mir übersetzen ließen. Leider werden sie ebenso älter wie ich auch, und pensionierte Wissenschaftler bekommen heutzutage, wenn sie zufälligerweise Geisteswissenschaften pflegen, keine staatlichen Gelder für ihre Rentnerarbeit mehr. So kommt auch bei mir kaum noch was an. Da heute sowieso alles auf Englisch veröffentlicht wird, bleibt für Deutsch außer Archäologie, Geschichte, Ethnographie und Musikwissenschaft kaum noch etwas übrig.
Zur Arbeit gehört der Urlaub. Wohin zieht es Sie dann vorzugsweise?
Außer unseren jährlichen Familientreffen nach Deutschland mache ich seit vielen Jahren jährlich einen einmonatigen „Arbeitsurlaub“ im Salzburger Land. Die evangelischen Urlaubergottesdienste werden sonntäglich meistens in zwei (katholischen) Kirchen gehalten, wobei die Orte mit den Jahren oft wechselten. Aber auch das scheint − wie ich selbst − ein Auslaufprogramm zu sein, weil uns die „Zielgruppe“, die Touristen, abhanden gekommen ist (die Dorfgemeinden sind überwiegend katholisch). Jahrelang hatten wir evangelische Gemeindegruppen mit vielen Kindern zu betreuen, wo auch außergottesdienstliches Interesse bestand: Man konnte die Vertreibungsgeschichte der evangelischen Salzburger erzählen, Liederabende leiten, Diavorträge über Siebenbürgische Kirchenburgen halten oder einen Ungarnbericht geben. Heutzutage freut man sich, wenn fünf bis sechs Leute die Feier des Sonntagsgottesdienstes für wichtig halten. Das Problem ist − glaube ich − allgemein bekannt. Ich halte mich – verstärkt durch meine Erinnerungen an die Zahlen der Gottesdienstbesucher unserer Gemeinde in den 1970er Jahren – an die Verheißung: wo zwei oder drei in meinem Namen … − Zahlen sind wichtig, aber nicht alles. Das mit dem Auslaufmodell ist nicht so gemeint wie beim iPhone oder Mobil-/Okostelefon: Ich hoffe sehr, dass Gott mir die nötige Kraft für die Mitarbeit in der Gemeinde möglichst lange schenkt und ich noch viele neue Gemeindeglieder kennen- und schätzen lernen werde.
Albrecht Friedrich - in seinem 40. Jahr in Ungarn
(Ausgabe November/Dezember 2014)
Zu den Wurzeln der heutigen Deutschsprachigen Evangelischen Gemeinde Budapest
Die Präsenz der Deutschen in der ungarischen Hauptstadt (dt.: Ofen, ung.: Buda) reicht bis ins Mittelalter zurück. Reiche Nürnberger Kaufleute siedelten sich hier seit dem 15. Jahrhundert an, ihnen gehörte auch die Hauptkirche (Liebfrauenkirche, heute Matthiaskirche). Ihre regen Kontakte nach Deutschland bewirkten, dass der Einfluss der Reformation die ungarische Hauptstadt relativ frühzeitig erreichte. Während der neun Jahre zwischen 1517 und 1526 waren die ersten Anhänger Luthers in Buda tätig. Es handelte sich dabei um Cordatus und Grynaeus. Nach der Schlacht von Mohács begünstigten die Kämpfe der Gegenkönige die Verbreitung der neuen Lehre. 1541 jedoch geriet Buda unter türkische Herrschaft, Anfang des 17. Jahrhunderts wurden die Christen aus der Stadt vertrieben. Nach der Befreiung von den Türken im Jahr 1686 sorgten die neuen habsburgischen Machthaber dafür, dass sich in Buda deutsche, jedoch katholische Leute ansiedeln durften.
Erst nach dem Toleranzpatent von Joseph II. entstand 1787 die evangelische Gemeinde in Pest. Die meisten Gemeindeglieder sprachen deutsch oder slowakisch, nur wenige ungarisch. Buda war zuerst eine Filiale der Pester Gemeinde. Wichtige Förderin der evangelischen Gläubigen wurde die württembergische Herzogin Maria Dorothea, die seit 1819 als Gemahlin des Palatins Joseph von Habsburg in Buda wohnte. Ihre tatkräftige materielle sowie sonstige Hilfe trug wesentlich dazu bei, dass sich 1844 die Budaer Gemeinde als unabhängige Muttergemeinde etablieren konnte. Ihr erster Pfarrer war Georg Bauhofer aus Sopron (Ödenburg). Die im Gottesdienst und im Gemeindeleben verwendete Sprache war vorwiegend das Deutsche. Buda war eher ein bürgerliches und administratives Zentrum. Bauhofers Tagebuch wird bis heute im Landeskirchlichen Archiv aufbewahrt und ist eine zeithistorische Quelle aus den 1840er Jahren. Am Paradeplatz (Dísz tér) – an der Stelle des in Ruinen liegenden Verteidigungsministeriums – wurde 1847 die erste evangelische Kirche errichtet. Nach Niederwerfung des ungarischen Aufstands und dem Ende des Freiheitskrieges gegen die Habsburger 1848/49 wurden die Protestanten unterdrückt, da sie der Beteiligung an der Rebellion verdächtig waren. Gerade ihre Rechte und ihre Situation wollte Georg Bauhofer mit seinem Buch über die Geschichte des ungarländischen Protestantismus in Europa bekanntmachen. Es erschien zuerst auf Deutsch, später auch auf Englisch.
Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts blieb die offizielle Sprache der Ofner evangelischen Gemeinde deutsch. Im Jahre 1880 erschien die erste kurze Gemeindegeschichte – und zwar in deutscher Sprache. Als sich Gusztáv Scholz, der langjährige Pfarrer in Buda, entschied, zur Wende des 19. zum 20. Jahrhunderts die Presbyterial-Protokolle auf Ungarisch ausfertigen zu lassen, erhoben nur ein paar ältere Presbyter dagegen ihre Stimme. Als die heutige Kirche im Jahre 1895 am Wienertor-Platz (Bécsi kapu tér) fertiggestellt war, befand sich die Gemeine auf dem Weg, Magyarisch zu werden. Trotzdem pflegten viele bürgerliche Familien zu Hause Deutsch als Zweitsprache und so ist es nie in Vergessenheit geraten. Beispielsweise trugen die deutschstämmigen Bürger aus Nordungarn (Zipser und andere) dazu bei, dass die deutschen Wurzeln lange lebendig blieben. Bis 1945 lebte in Pest eine deutsche Gemeinde, die mit der dortigen ungarischen Gemeinde als „Brudergemeinde” mit dem Zentrum am Deák tér die große Pester Gemeinde bildete. Bis 1945 hatten sie eigene Pfarrer und hielten deutschsprachige Gottesdienste ab.
Mit Kriegsende 1945 musste die deutsche Gemeinde ihre Tätigkeit in Pest einstellen. Aber der mutige Budaer Pfarrer Ferenc Sréter organisierte einen deutschen Bibelkreis. Diese winzige Keimzelle der heutigen Deutschsprachigen Gemeinde in Buda(pest) kann demzufolge auf eine lange Tradition zurückblicken.
18. Oktober 2013,
Miklós Czenthe
Gedanken zum 20. Jubiläum am 1. Advent 2013
Dass die Deutschsprachige Gemeinde Budapest im Jahre 1993 ausgerechnet am 1. Advent gegründet wurde, ist ein merkwürdiger Zufall. Bis zum heutigen Tag ist die Gemeinde eine „Adventsgemeinde“ geblieben. Sie lebt von der Ankunft, sie lebt davon, dass immer wieder Menschen neu hinzustoßen, mitwirken und die Gemeinde mittragen. Die Jahreslosung für 2013 drückt das Wesen der Auslandsgemeinde sehr genau aus: „Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.“ (Hebräer 13,14). Dieses Wort gilt für die meisten der Gemeindeglieder in einem sehr konkreten Sinn: Wir sind nur für kurze Zeit hier in Budapest. Für einige Monate oder Jahre finden wir in der Kapelle und in der Gemeinde ein geistliches Zuhause; trotz der kurzen Dauer wachsen Wurzeln und Bindungen; aber doch ist klar: Wir bilden eine Weggemeinschaft. Unsere Gemeinde bildet ab, was für Christen der Normalfall ist: Wir sind unterwegs zu einem größeren Ziel – und gehen der Begegnung mit dem kommenden Herrn entgegen.
Das bleibende Element der Gemeindearbeit ist die Veränderung. Es gibt Gruppen, die es für das Empfinden der Gemeinde schon immer gegeben hat. An erster Stelle ist hier die deutschsprachige Bibelstunde zu nennen, aus der dann später die Gottesdienste erwuchsen. Jeden Sonntag trifft sich die Gemeinde zum Gottesdienst mit Abendmahl und anschließendem Kirchenkaffee. Der Chor übt fleißig seine Lieder, das Orchester ist winzig, aber spielt gut – und nach wie vor ist die Krabbelgruppe unsere lebendigste Gemeindegruppe. Wie in der Gemeindearbeit üblich, erleben wir in den Gruppen ein auf und ab: die Studenten im Kreuz&Quer-Kreis oder die Teilnehmer des Bibelabends sind mal in stärkerer Zahl, mal auch in sehr kleiner Runde zusammen. Einmal monatlich treffen sich der Frauengesprächskreis und neuerdings eine Jugendgruppe für junge Menschen nach der Konfirmation. Letzteres ist eine Frucht der außergewöhnlich großen Konfirmandengruppe des letzten Jahres: Elf junge Leute haben zu Pfingsten 2013 in Budapest und erstmals ebenfalls elf Jugendliche in Kecskemét mit uns die Konfirmation gefeiert. Damit ist eine der deutlichsten Veränderungen der letzten Jahre genannt: Seit etwa einem Jahr gehört auch die Betreuung von deutschsprachigen Christen in Kecskmét zu unseren Aufgaben. Einmal im Monat findet in der dortigen evangelischen Kirche ein deutschsprachiger Gottesdienst statt, maßgeblich angeregt durch eine dort ansässige Familie, die einmal „zufällig“ bei uns im Gottesdienst in Budapest war. Dieser Besuch gab Anlass, den nächsten Gemeindeausflug nach Kecskemét zu unternehmen, ihn mit einer Andacht in der dortigen Kirche abzuschließen. Seitdem entsteht dort deutschsprachige Gemeindearbeit. Mehr braucht der lebendige Gott offenbar nicht, um etwas wachsen zu lassen.
Natürlich sieht die Deutschsprachige Evangelische Gemeinde auch die Linderung sozialer Nöte in einzelnen Fällen sowie Besuche bei deutschsprachigen Häftlingen als Aufgabe an – letzteres ist nicht zuletzt auch dem glücklichen Umstand zu verdanken, dass Pfarrer Andreas Wellmer in den Jahren nach seinem Weggang aus Budapest jeweils die Sommervertretung versehen hat. Wer sich für die aktuellen Zahlen aus dem Gemeindeleben interessiert, dem seien sie an dieser Stelle noch genannt: Am Tag der letzten Kirchengemeinderatswahl (17. November 2013) hatte die Gemeinde 230 eingeschriebene Mitglieder, darunter 58 Kinder, die noch nicht konfirmiert sind. 18 Gemeindeglieder wohnen in Kecskemét, dazu einige weitere Familien, die (noch) nicht Mitglied sind, aber die Gottesdienste besuchen. Im Jahr 2013 wurden 22 Mädchen und Jungen konfirmiert, vier Paare kirchlich getraut sowie vier Kinder und zwei Erwachsene in der Kapelle getauft. Die Auflage des Gemeindebriefes, der zweimonatlich erscheint, beträgt 350 Stück. Diese Zahlen sind jedoch nur „zufällig“, eine Momentaufnahme im Leben der Auslandsgemeinde, in der sich alles so schnell ändert, und morgen wieder Gemeindeglieder Budapest verlassen und übermorgen schon neue Menschen hinzugefügt werden.
Bleibt zum Schluss noch die Klärung der Frage, worin eigentlich der Zufall besteht, von dem anfangs die Rede war und der es wert ist, dass wir auf ihn merken. Zufall ist das, was uns von Gott her zufällt – als Aufgabe zur Gestaltung, als Ort der Bewährung. Zufall ist das, was der lebendige Gott uns vor die Füße fallen lässt; in diesem Sinne haben wir als Deutschsprachige Evangelische Gemeinde in Budapest nach wie vor unsere Aufgabe und unseren Ort. Im Vertrauen darauf, dass Jesus Christus, der gegenwärtige und kommende Herr der Gemeinde uns auch in Zukunft einiges Gutes zufallen lässt, gehen wir getrost weiter als Deutschsprachige Evangelische Gemeinde in Budapest.
Johannes Erlbruch