Heimat im Glauben

Marcel BarfInterview mit Marcel Barf, dem langjährigen Vorsitzenden des Kirchengemeinderates

Kurz vor dem 20-jährigen Jubiläum unserer Gemeinde und der Neuwahl des Kirchengemeinderates im November gab es eine traurige Mitteilung: Der langjährige Vorsitzende des führenden Gremiums, Marcel Barf, hat Ungarn Richtung Wien verlassen. Die Distanz zwischen den beiden Hauptstädten erscheint zwar keineswegs unüberbrückbar, trotzdem ist klar, dass er weder erneut kandidieren noch sein Amt an der Spitze des KGR fortführen kann.
Frank Fischer sprach mit Marcel Barf

Seit wann warst du warum in Ungarn?
Seit Februar 2001. Ich habe als Verkaufsleiter bei einem holländischen Reiseveranstalter gearbeitet.

Du bist bekanntlich Holländer. Warum bist du seinerzeit gerade in die deutschsprachige Gemeinde gekommen?
Zunächst hatte ich mich orientiert und Infos von den einzelnen fremdsprachige Gemeinden eingeholt. Damals gab es ja noch keine Gemeinde in meiner Muttersprache. Als ich dann hier in der deutschsprachigen Gemeinde auftauchte, hat mir die Begrüßung sofort ein „Zuhause-Gefühl“ vermittelt. Außerdem hat mich der Chor interessiert.

Welche Bedeutung hatte die Gemeinde für dich in deiner Ungarn-Zeit?
Ich möchte gerne das Stichwort Heimat im Glauben als ein treffendes Stichwort benennen. Wichtig war für mich das Zusammensein mit anderen Christen, wobei sich das ja nicht nur auf den sonntäglichen Gottesdienst, sondern auch auf die zahlreichen anderen Gemeindeveranstaltungen bezieht.

Wie hast du deine Zeit als Vorsitzender des Kirchengemeinderates erlebt?
Ich wurde im Jahre 2005 erstmals in den Kirchengemeinderat gewählt und ich hatte unmittelbar das  Gefühl, dass es eine wichtige Aufgabe für mich ist, im KGR mit anderen Brüdern und Schwestern zusammenzuarbeiten. Ich hatte dann auch spontan zugesagt, mich als Vorsitzender des Gremiums zur Verfügung zu stellen. Meine Motivation dabei war das Gefühl, dass den unterschiedlichen Aufgaben, denen sich die Gemeinde gegenübersieht, eine Struktur gegeben werden muss. Dem fühlte ich mich verpflichtet.
Eine der schönsten Aspekte der Arbeit war die Vertretung der Gemeinde bei der alljährlichen Tagung der Auslandsgemeinden in Hannover, weil man dort mit vierzig/fünfzig anderen Kirchenvorständen zusammentreffen und sich austauschen kann. Immer wieder bin ich mit neuen Ideen von diesen Treffen zurückgekehrt.

Welche Entwicklung freut dich bzw. macht dir Sorgen.
Positiv: Innerhalb der GKR konnte eine bessere Struktur erreicht werden. Es fand ein Evaluierungsprozess statt, wir haben uns gefragt, wo wir stehen und wohin wir uns entwickeln wollen.
Negativ: Es gibt da diese Unsicherheit, wie lange uns die EKD noch trägt bzw. finanziell unterstützt. Was wären die Folgen, wenn die Unterstützung immer weiter zurückgefahren würde. Ich bedauere es, dass ich mich gerade in einer so entscheidenden Zeit aus dem Gremium zurückziehen muss.

Warum musst du das? Was sind deine Zukunftspläne?
Es gibt für mich eine neue berufliche Herausforderung, die mich nach Wien bring. Einerseits freue ich mich auf die Veränderung, andererseits muss ich alle ehrenamtlichen Bindungen in Ungarn kappen. Aber da die geographische Entfernung nicht völlig unüberwindlich ist, bleibe ich zumindest als Mitglied der Gemeinde verbunden.

Möchtest du der Gemeinde noch etwas auf ihren zukünftigen Weg geben?
Zunächst herzliche Glückwünsche zum 20-jährigen Jubiläum! Leider kann ich nicht persönlich dabei sein, weil ich aus geschäftlichen Gründen in Asien sein werde. Selbstverständlich hoffe ich mindestens auf weitere 20 erfolgreiche Gemeindejahre. Konkret hoffe ich, dass der aktuelle Pfarrer Johannes Erlbruch seine Zeit um weitere drei Jahre verlängern wird. Dem neuen KGR wünsche weiter viel Erfolg und meinem Nachfolger im Amt des Vorsitzenden Kraft und Gottes Segen.
Es war schön, dass dieses Zuhause-Gefühl, von dem ich eingangs gesprochen habe, die ganze Zeit über bis zum Schluss durchgetragen hat.