Unsere Musik in besten Händen

KolbasHajnalka und Gábor Kolba lassen schon seit vielen Jahren unsere Orgel erklingen – aber das ist ja nicht alles
„Was für ein tolles, junges Ehepaar!“ So lautete mein erster Gedanke, als mir Hajnalka und Gábor erstmalig in der Gemeinde begegneten. Schnell jedoch erkannte ich, dass sie zwar zusammen gehören – aber eben nicht als Ehe- sondern als Geschwisterpaar. Zwei Jahre trennen die beiden, dabei wird Gábor – obwohl 1984 zur Welt gekommen – häufig als der „kleine Bruder“ der doch jüngeren Hajnalka gehalten.

Zusammen sieht man die beiden Budapester bei uns ja nur selten, denn wenn Hajnalka (kurz „Hajni“ genannt) orgelt, ist Gábor nicht da und umgekehrt. Vielleicht treibt sich Brüderchen oder Schwesterchen dann gerade in Kelenföld herum, der Gemeinde, in der die Zwei eigentlich zuhause sind.

Musik: Berufung – aber nicht Beruf 
Kolbas stammen aus einer theologisch vorbelasteten Familie, denn Opa war evangelischer Pfarrer und Oma Kantorin sowie Lehrerin in einem kleinen Dorf bei Szekszárd. Was die Eltern betrifft – hier hält man es gut ökumenisch: Der Papa ist nämlich katholisch, die Mama evangelisch. Doch sei das nie ein Problem gewesen, erfahre ich bei einem kleinen Gespräch für unsere Serie „Gemeinde-Gesicher“. Das wäre auch gar nicht gut, denn Sohn und Tochter wohnen noch bzw. wieder unter dem elterlichen Dach. Gábor hatte es mal aus beruflichen Gründen für zwei Jahre nach Veszprém verschlagen. Mittlerweile ist er bei der deutschen Firma Knorr-Bremse als Elektroingenieur in der Hauptstadt tätig. Hajni hingegen ist ausgebildete Heilgymnastin und arbeitet im St. Imre Krankenhaus. Darüber hinaus lässt sie sich bereits seit drei Jahren im Abendstudium zur Fachfrau in Sachen gesunder Ernährung ausbilden: „Dietetikus“ heißt das auf Ungarisch, „Diätassistent“ auf Deutsch. Da ist natürlich Freizeit rar – bei beiden. Dessen ungeachtet jedoch finden Gábor und Hajni Zeit für Körperertüchtigung, fürs Schwimmen beispielsweise. Wie man den Balaton durchquert, haben beide bereits vorgemacht. Und als Zehnjähriger hatte Gábor sogar wettkampfmäßig das Wasser durchpflügt. Heute muss dann auch mal eine Fahrradtour als sportliche Aktivität reichen, während die Schwester möglicherweise den Tennisschläger schwingt.
Aber die größte Leidenschaft des Geschwisterpaares gehört natürlich – wen wundertʼs – der Musik! Schon im Grundschulalter lernten beide Klavierspielen. Sogar eine spezielle Musikschule haben sie besucht. Hajni zupft darüber hinaus schon seit zehn Jahren die Gitarre. Und seit etwa zwölf Jahren befinden sich beide in einer fortlaufenden Kantoren-Ausbildung. Immer wieder heißt das Motto: Auf nach Fót! Mal im Sommer für 17 Tage am Stück, mal im Herbst und Winter jeweils an Sonnabenden wird das geübt, wovon unsere Gemeinde so unendlich profitiert. Doch empfangen sie nicht nur, vielmehr geben Gábor und Hajni Gelerntes umgehend an die jüngste Generation künftiger Orgelvirtuosen weiter.

Von Orgeln, Kaffeetassen und Abwaschwasser
Wer bei uns in der Deutschsprachigen Evangelischen Burggemeinde Budapest tätig sein möchte, sollte zumindest hin und wieder auch etwas von dem verstehen, was gesagt wird. Kein Problem, denn seit der 7. Klasse lernen beide unsere Sprache. Und dieser Prozess endet ja bekanntlich nie. Réka, die Vorgängerin auf dem Orgelstuhl in der Táncsics Mihály utca, weiß das und lernt mittlerweile vor Ort – in Deutschland, gemeinsam mit dem Ehemann. Ob es Gábor und Hajni wohl auch in die Ferne zieht?, möchte ich wissen. Ja, sicher, aber eigentlich nur auf absehbare Zeit, um den Master als „Dietetikus“ zu machen oder Berufserfahrungen als Elektroingenieur zu sammeln. Und überhaupt, lieber nicht so fern der Heimat – beide Kolbas sind nämlich sehr heimatverbunden. Österreich böte sich an – aber das ist Zukunftsmusik. Noch können wir darauf vertrauen, dass uns Gábor und Hajni auch künftig mit ihrer Musik erfreuen, dass sie unserem Pfarrer sonntäglich zur Hand gehen, das Abendmahl vorbereiten, Kaffee und Tee kochen, später alles wieder wegräumen und schließlich abwaschen..., denn das gehört alles mit zu ihrem Dienst, für den sie nicht bezahlt werden. Lediglich eine kleine Aufwandsentschädigung ist drin – und die Betonung liegt durchaus auf „klein“.

„Da kann ja nichts schief gehen!“
Am Geld kann es also nicht liegen, weswegen sie der einstigen Anfrage von Réka gefolgt sind und ihre Vertretung bzw. dann auch Nachfolge übernommen haben. Was also ist gut bei uns, traue ich mich zu fragen. Hajni weiß es sofort und lächelt, als sie antwortet: Die familiäre Atmosphäre sei toll, bei uns gehe es fröhlicher zu als in so manch anderer Gemeinde. Und Gábor ergänzt mit dem Stichwort „offene Gemeinde“. Es sei schön, dass man bei uns nach dem Gottesdienst mit jedem ins Gespräch kommen könne. Der Normalfall bei ungarischen Gemeinden sei ja, dass man rasch nach dem Verklingen des Orgelnachspiels das Weite sucht.
Und was ist weniger gut? Verlegene Blicke treffen mich. Na ja, meint Hajni dann doch, es fehle uns etwas an der „Kirchenatmosphäre“. Klar, wir feiern „nur“ in einer Kapelle, die Straßengeräusche dringen zu uns hinein. Das sei halt so – und habe gelegentlich auch sein Gutes, wenn nämlich der Pfarrer spontan Touristen in unseren Saal hineinwinken kann, wie jüngst geschehen. Das sei bei einer „richtigen“ Kirche doch etwas schwieriger. Und dann greifen wir zum Kuchen, der uns von einem Gemeindemitglied mitgebracht wurde. So viel zum Thema „familiäre Atmosphäre.
Ich erinnere mich an den Ausspruch unseres Pfarrers Johannes Erlbruch während einer GKR-Sitzung. Er sagte in einem Zusammenhang, an den ich mich nicht mehr erinnere, sinngemäß: Selten habe er mit so zuverlässigen Organisten zusammengearbeitet wie mit dem Geschwisterpaar Kolba. Wenn einer von beiden da sei, könne praktisch nichts schief gehen. Sie seien die Zuverlässigkeit in Person.

Danke, Hajni, danke Gábor! Wir sind froh, dass wir euch haben. Und Österreich kann gerne noch warten...