Leidenschaftliche Chorführung ohne Dirigentenstab

Gabi SziliReibungslose Übergabe des Dirigentenstabes im Chor

Am letzten Sonntag im Januar verabschiedete sich Gabi Szili nach zwölfjähriger Tätigkeit mit einem abschließenden Auftritt des Chores der Deutschsprachigen Evangelischen Gemeinde unter ihrer Leitung. Chor- und Gemeindemitglieder sowie Johannes Erlbruch als Pfarrer und ebenfalls Chorsänger bedankten sich bei der langjährigen Chorleiterin und würdigten ihr außergewöhnliches Engagement.

Christine Nemes brachte den Dank des Chors gereimt treffend zum Ausdruck:

Dank für deine Arbeit hier im Chor.
            Fast immer waren wir ganz Ohr,
            wenn du mit Schwung und guter Laune,
            unsere Patzer hieltest im Zaume.
            Wenn du mit komödiantischem Talent,
            witzig und vehement,
            unsere Fehler hast vorgemacht,
            haben wir doch herzlich gelacht
            und haben ganz klar gesehen:
            Du musst unbedingt zum Theater gehen.
            Dich zieh'n zu lassen, ist nicht leicht,
            doch sind wir stolz, was du erreicht.

Auch wenn Gabi nie einen Dirigentenstab benutzte, so waren ihre Dirigierkunst und ihre Chorführung doch sehr überzeugend, einfühlsam und lehrreich. Als ausgebildete Sopranistin achtete sie neben Stimmbildung und präziser Artikulation auf genaue Einsätze und Differenzierung der Dynamik. So gelang es ihr mit unglaublicher Geduld und viel Humor aus einem kleinen, in der Besetzung sehr wechselhaften Chor das Maximum herauszuholen.
Die allwöchentlichen Proben verliefen konzentriert und entspannt zugleich. Gabi verstand es die Chorsängerinnen und -sänger Schritt für Schritt auch mit schwereren Partituren vertraut zu machen und jeden Einzelnen für seine Sangeskunst wertzuschätzen. Wenn sie hier und da einmal wegen fehlender Blicke oder unreiner Töne zu verzweifeln drohte, meisterte sie diese Situationen mit der ihr eigenen, natürlichen Autorität. Die humorvolle Art, mit der Gabi Fehler zu parodieren wusste und uns Sängern so einen Spiegel vorhielt, war eine erfolgreiche Strategie, die nicht nur regelmäßige Lacherfolge, sondern meist auch eine qualitative Verbesserung unseres Chorgesangs bewirkte.
Das von Gabi ausgewählte Programm war abwechslungsreich und reichte von bekannten „Kirchenklassikern“ bis hin zu neuzeitlicher geistlicher Kirchenmusik.
In der Adventszeit wurde es alljährlich weihnachtlich und neben deutschen und ungarischen Weihnachtsliedern erklangen auch schon mal ausgewählte Lieder in englischer Sprache.
Mit diesem bunten Repertoire, das nach dem Zusammenschluss des Begegnungschores der Deutschen Schule mit dem Kirchenchor zu Beginn des Jahres 2012 um weltliches Liedgut erweitert wurde, trat der Chor unter der Leitung von Gabi nicht nur regelmäßig in den gemeindlichen Gottesdiensten, sondern auch bei festlichen Anlässen der Deutschen Schule Budapest sowie am Tag der offenen Tür in der Deutschen Botschaft auf.
Besondere Erlebnisse ermöglichte Gabi dem Chor, wenn sie ihn mit professionellen Solisten und Kammermusikern zum Auftritt führte.
Um einen reibungslosen Übergang zu sichern, hatte Gabi bereits im Oktober 2013, seit sie wegen ihres Engagements im Budapester Opernchor nicht mehr regelmäßig die Proben leiten konnte, ihren Dirigentenstab teilweise an Hajnalka Kolba übergeben, die ab jetzt mit ebenso viel Geduld und Liebe zur Musik unseren Chor begleiten und leiten wird.

Angelika Herbst